Noch vor wenigen Jahrzehnten war Aquaponik unbekannt, eine Spielwiese für ökologische Pioniere. Heute ist sie ein Synonym für Greenwashing, für die neue Nachhaltigkeit der Hipster oder einfach nur ein Schlagwort des Marketings. In der UNO wird sie als Chance der Welternährung diskutiert. Einige Idealisten sehen in ihr die Rettung der Welt – und mancher hat mit ihr bereits eine Bruchlandung erlebt.
Die einfachste Definition wäre die einer Kombination von konsumierenden Wasserlebewesen, z.B. Fischen mit produzierenden Pflanzen z.B. Gemüse in Synergie mit reinigenden Mikroben, kurz, eine ganz normale natürliche Angelegenheit, genutzt für die Ziele der Landwirtschaft und Aquakultur.
Doch eben so einfach ist es nicht mit diesem Gemüsefisch. Nichts ist logischer und zugleich komplexer als natürliche Kreisläufe.
Wege der Landwirtschaft und Aquakultur zur Nachhaltigkeit
Die Verknüpfung von Fischzucht mit Hydroponik ist eine von vielen Gesichtern der Aquaponik. Seit mehr als 2000 Jahren kultiviert die chinesische Landwirtschaft Karpfen und Krebse in Reisfeldern erfolgreich zum Nutzen aller Beteiligten und unter Erhalt der genutzten Flächen.
Doch wie lässt sich dies in eine konventionelle Agrarwüste Europa und Nordamerika integrieren. Oder müssen wir unserer Wege der Landwirtschaft und Aquakultur grundsätzlich überdenken in Zeiten von Energie- und drohendem Phosphatmangel? Viele nachhaltige Ansätze werden bereits erprobt. Da wären die Backjard-Aquaponiker in Sidney, eine hippe Bioponik-Gemeinde in New York, modernes Urban Farming in Berlin, komplexe Split-Pond Technik in Florida, energetisch aufwendige Tropenhäuser in Bern, wissenschaftliche multitrophe Systeme in Bremen oder integrale Aquakulturen in Brandenburg.
Wirtschaftlich und kontinuierlich erfolgreich sind bisher nur der chinesische „Reisfisch“ oder die tropischen „Aquaponics“ Farmen auf Hawaii. Für unser gemäßigtes bis subtropisches Klima ist Aquaponik bisher nur eine Chance, deren Technik noch entwickelt werden muss.
Neue Technologien und die Reformierung des Begriffs „Bio“
Doch sind es gerade solche Herausforderungen die uns dazu bewegen neue Technologien zu entwickeln. Was wir benötigen sind regional taugliche Aquaponiksysteme welche mit unserem Klima vor Ort betrieben werden können. Dann erreichen wir Nachhaltigkeit.
Doch moderne nachhaltige Methoden sind in unserem klassifizierenden System der getrennten Fakultäten in „Konventionell“ und „Bio“ kaum möglich. Wenn Labels mit der Aussage „Biologisch“ weiter am Markt bleiben wollen ist deren Reformierung unausweichlich, sonst werden sie vom Gegenüber, den „Konventionellen“ geschluckt.
Innovative Technik verlangt offenes Denken. Weiterentwicklungen in den Formen des Gemüsebaus wie in denen der Fischzucht sind notwendig. Zur Symbiose beider existiert eine biologisch orientierte Prozesstechnik die beherrscht werden will.
Moderne Berufe und die Ausbildung zum Aquaponiker
Dazu sind neue Berufe oder weiter führende Ausbildung in den Bestehenden notwendig. In der Smartfisch Akademie für integrale Aquakultur und Aquaponik www.technofisch.de in Eberswalde bei Berlin wurde diese Bildung in erster Instanz geschaffen. Ein noch nicht anerkannter Beruf ist entstanden. Biologen, Landwirte, Fischwirte oder einfach nur Selbstversorger versuchen dort das Wissen zu erlangen, was sie zur Konstruktion oder zum Betrieb eines aquaponischen Kreislaufs benötigen. Das Bild des Aquaponikers ist entstanden. Ob dies genügt wird sich zeigen, es ist ein Anfang für Pioniere.
Neben dem Unterricht erleben die Teilnehmer die noch wenigen Anlagen der Aquaponik in Deutschland, besuchen Praktika und treffen auf Gleichgesinnte, auf kontroverse Diskussionen und eine neue Bewegung zur Ökologisierung unserer Landwirtschaft, egal ab mit oder ohne „Bio“.
Bild: Bigstockphoto.com / Natalia Marshall